Das erste Drittel des Jahres ist schon wieder (fast) vorbei – Zeit, auf die gelesenen Bücher zu blicken.
Den Anfang hat dieses Jahr der amtierende Träger des Nobelpreises für Literatur, Kazuo Ishiguro gemacht. Und zwar gleich doppelt: Nach „The remains of the day“ habe ich direkt „Never let me go“ hinterher gelesen. Und ich muss sagen, ich hatte mit beiden so meine Schwierigkeiten. Auf der einen Seite ist das sprachlich (im englischen Original) wunderschön, das Lesen an sich macht viel Freude. Von der Handlung kann ich das leider nur bedingt behaupten. Es passiert, zumindest lange Zeit, wenig bis nichts; dann führt Ishiguro den Leser seitenlang zu einem scheinbar größeren Ereignis hin, das sich dann aber doch als eher kleines Detail entpuppt. „Never let me go“ nimmt allerdings immerhin zum Ende hin ein wenig Fahrt auf, was ich von „The remains of the day“ leider nicht behaupten kann. Das Fazit fällt also eher gemischt aus.
Wesentlich positiver fällt das für „Die Geschichte eines neuen Namens“ von Elena Ferrante aus. Der zweite Teil der Geschichte um die Freundschaft zwischen Elena und Lila ist genauso fesselnd wie der erste – hier sind wir Zeugen ihres Lebens im Übergang von Jugendlichen zu jungen Erwachsenen. Seit der Hochzeit von Lila zum Schluss des ersten Bands driften die Lebenswege (und alles, was dazu gehört) der beiden jungen Frauen immer weiter auseinander, aber ganz los kommen beide trotz allem nicht voneinander. Und um sie herum passieren natürlich allerhand große und kleine Dramen, die irgendwie immer vor allem mit Lila zu tun haben. Wie schon Buch 1 habe ich auch diesen Teil wieder ziemlich verschlungen – und ich habe mir vorgenommen, nicht wieder etwa ein Jahr bis zum nächsten Band verstreichen zu lassen.
Ein großartiges Buch ist auch „ Tyll“ von Daniel Kehlmann. Dessen „Die Vermessung der Welt“ habe ich geliebt, und auch „Ich und Kaminski“ fand ich richtig gut. „Tyll“ versetzt nun die legendäre Figur Till Eulenspiegel – hier Tyll Ulenspiegel – in die Zeit des 30-jährigen Kriegs. Wie schon bei der „Vermessung“ verwebt Kehlmann geschickt reale Ereignisse und Fiktion, historische Begebenheiten mit erfundenen Personen. In Episoden spinnen sich dem Anschein nach viele verschiedene Figuren und Handlungsstränge, die aber immer wieder an einer zentralen Figur zusammenlaufen: Tyll ist immer irgendwie im Mittelpunkt und das verbindende Element. „Tyll“ ist eine große Erzählung, manchmal zum Schreien komisch, die aber auch eindrücklich die Grausamkeit der damaligen (Kriegs-)Zeit beschreibt. Und oft kann man tatsächlich auch Parallelen zur heutigen Gesellschaft ziehen. Und gleich noch ein Bonus: Kehlmanns Sprache. Wohl wenige aktuelle Autoren schreiben so wunderbar. Ich hatte an vielen Stellen das dringende Bedürfnis, ganze Passagen abzufotografieren. Manchmal habe ich es auch gemacht… (Verfechter der deutschen Sprache müssen jetzt stark sein)
„Das ist der Algorithmus, wo man mit muss!“ In der Zukunft spielt „QualityLand“ von Marc-Uwe Kling. Nach unzähligen wunderbaren Känguru-Geschichten ist das jetzt ein ebenso lakonisch verfasster Roman darüber, wie unsere Gesellschaft in einer gar nicht mal allzu fernen Zukunft aussehen könnte. Das ist, wie schon die Geschichten um das Känguru, im Vordergrund oft witzig – wenn man aber drüber nachdenkt, steckt oft mehr dahinter, und das Lachen bleibt einem das eine oder andere Mal im Halse stecken.
Und übrigens: Der Online-Shop von Marc-Uwe Kling, in dem es natürlich auch „QualityLand“ zu kaufen gibt, ist jeden Euro wert, den man da ausgeben kann. Warum? Steht auf der Seite!